Wandlung ist notwendig
wie die Erneuerung
der Blätter im Frühling.
Vincent van Gogh
Foto: Christian Hartmann
Sei in Liebe und lebe die Vision von Dir
Lebenslauf. Lebenswege. Was hat sich Dein Jugendherz innigst gewünscht? Und was ist all dann in Deinem Leben geschehen? Wieviel Deiner Schritte waren getragen von einer großartigen befreienden Energie, Leichtigkeit und Schönheit. Und wie viele Deiner Etappen waren Kompromisse, Anpassungen oder gar Verirrungen? Vielleicht hast Du beschwerliche Gegebenheiten gut gemeistert. Wurden diese zuweilen langen Lebensabschnitte durch Unruhe, Schmerz, gar Krankheit oder einfach mit dem Gefühl: „Das ist nicht der Weg meines Herzens“ begleitet? Oder hat Deine Seele im Innersten, verdeckt oder offen gar geschrien? Und warst Du zu beschäftigt, um sie, diese zu Dir gehörende Stimme, zu hören und sich ihrer anzunehmen?
Bei mir begann das Leben in einem beschaulichen Dorf nahe der Bischofsstadt Osnabrück. Mein Vater war Tischlermeister, meine Mutter Bürokauffrau und Flüchtling aus Schlesien, drei Brüder meines Vaters waren katholische Priester. Und so verlief die Schullaufbahn in katholischen Schulen bei Nonnen, Patres bis hin zum Zivildienst in der Erzabtei der Benediktiner St. Ottilien.
Schon früh beschäftigte ich mich mit der Frage nach dem Sinn des Lebens: „Wer bin ich“? „Warum bin ich hier“? „Was ist der Sinn hier auf Erden?“. Im Internat griff ich – durchaus in einem mystisch geführten Akt – in der elften Klasse nach meinem Lebensbuch: Sri Aurobindo – oder das Abenteuer des Bewusstseins. Die Frau meines Kunstlehrers führte mich zum späteren ZEN-Meister Pater Johannes Kopp und zum damaligen ersten christlichen ZEN-Meister, dem Jesuitenpater Hugo Makibi Enomiya-Lassalle.
Einigen Mitschülern erzählte ich in etwa damals folgende Geschichte: Das Leben der Menschen, einschließlich unseren Priestern hier im Internat, das Gesellschaftssystem mit seinen Begierden nach Anhäufung von Vergänglichem ist Maya (eine Illusion). Und ich schrieb damals in mein kleines Büchlein: „Das einzig Bedeutende im Leben ist das Voranschreiten zum Licht, alles andere ist nur Spielerei“. So wollte ich die Klöster Indiens, Nepals und Japans bereisen und ja, vielleicht Schriftsteller werden. Hermann Hesse war einer meiner großen Vorbilder, aber auch Meister Eckhardt, der heilige Franziskus, die Philosophen Gurdjieff, Ouspensky und einige mehr.
Doch es kam anders.
Der unternehmerische Beginn – und es sollte nur ein Projekt sein
Eines Tages, ich schlug mich gerade mit dem Handel von Nepalteppiche durch, kam gut gelaunt vom Gardasee in die Heimat. Mein Vater benötigte dringend Geld für die weitere Entwicklung seines neuen Lebenswerkes, der MOTOS Motoren-Technologie mit dem Slogan „Wir bewegen die Zukunft“. Es war oder würde eine Revolution in der Motorenbranche sein. Kurzerhand, offenbar auf dem Höhepunkt meiner jugendlichen Naivität sagte ich: „Ich mach‘ das“. Und so besorgte ich ohne Vorkenntnisse im selfmade-Studium viele Millionen für die Technologie meines Vaters. Heute würde man sagen: Capital Raising für ein Startup in der Seed-Phase oder auch Early Stage genannt. Allein diese Begrifflichkeiten hatte ich nie zuvor gehört. Es war unzweifelhaft eine Aufgabe mit einem der höchsten Schwierigkeitsgerade. Ich habe es geschafft. Doch es sollte anders kommen, aus der MOTOS-Technologie wurde nichts; die Gründe sind bis heute ungeklärt. So blieb ich in der Finanzbranche.
Drei Jahrzehnte Finanzbranche, dreihundert Millionen Umsatz.
Um es kurz zu machen, aus den mir immer wieder vorgenommen maximal 3 Jahren wurden über 30 Jahre. Meinen Job löste ich immer mit Bravour, nur die Initiatoren hielten sich nicht an ihre Zusagen, um es vorsichtig auszudrücken, oder der Markt spielte gerade nicht ganz so mit. Besonders spannend waren einige Exklusiv-Projekte, zum Beispiel der erste „FIRST CHINA Immobilienfonds“ oder die „Estnische Hafen City“. Für einen der renommiertesten Wohnimmobilienfonds war ich der stärkste Einzelvertrieb. Mein Marketing und auch mein Zugang zu den Kunden war „anders“, kreativer, persönlicher als beim Wettbewerb. Ich handelte immer mit hoher Verantwortung. Mein Kunde war für mich in erster Linie ein Mensch, mit dem ich gerne über das Leben kommunizierte, den ich schätzte. Diese Haltung erleichterte mir den innerlich fremden Weg.
Lehrreiche Jahre für Körper, Geist und Seele – Und: NIEMALS AUFGEBEN!
In dieser unternehmerisch geprägten Zeit lernte ich sehr, sehr viel über Menschen, deren wirklichem Ansinnen und auch deren scharfsichtigen und ausgeklügelten Geschäftsgebaren sowohl im erfolgreichen wie im erbarmungslosen Handeln.
Ebenso lernte ich die Höhen und Tiefen als Selbständiger mit voller Haftung kennen. Zwischendurch führte mich eine durchaus riskante Unternehmensführung oder -investition in ein Schuldenloch „ohne Gegenwert“ von fast einer Million. Mein Ehrgeiz, mein Stolz und insbesondere mein Anspruch „für alles gerade zu stehen“ erlaubte keine Sekunde ein Aufgeben, eine sogenannte Privatinsolvenz. „Mache Dir einen Plan, glaube an Dich und Dein Können; kalkuliere mit dem worst-case und visioniere den best-case!“, schrieb ich mir auf einen imaginären Zettel. Nach sechs Jahren konnte ich nicht nur alle Gläubiger befriedigen, sondern ich lebte dabei – nach gewisser Anfangszeit – auch noch monetär ansprechend.
Die psychische Stabilität durfte sich noch mehr beweisen. Mit hohem Aufwand und unter Missachtung der Gesundheit eilte ich von Vermittlungserfolg zu Vermittlungserfolg. Ich gehörte zweifellos zu den Besten der Branche und mein guter Ruf war bei Initiatoren bundesweit bekannt.
Dabei handelte ich beständig im besten Glauben, ordentliche und zum Wohl der Anleger honorige Produkte zu offerieren. Doch es gab Initiatoren, die mittels gewieft legalisierter Konzepte (einen Gruß an gewisse Anwälte) sich nicht nur an den Anlegern bereicherten, zu denen auch ich immer gehörte, sondern mich um meinen hart erarbeitet Lohn in Millionenhöhe brachten. Das ist etwa so, als wenn man drei aufwendige Häuser baut und zwei davon werden Dir einfach zerstört. Zwanzig von dreißig Jahren harte Arbeitszeit. Zum Glück traf es mehr mich als meine Anleger.
Seneca sagte: „Der Philosoph ist jemand, der das Wesentliche weiß: wie man lebt“.
In solchen Zeiten kann die Psyche schon mal in den „Burn-out-Modus“ fallen. Und das tat sie auch. Doch wie kommt man alleine wieder raus – und zwar schnell, gerade als Unternehmer verbleiben einen kaum Verschnaufpausen. Auch die Zeiten gefühlt „nah“ am Herzinfarkt galt es zu überstehen.
In all‘ den Jahren nutze ich eine Methode, die ich schon in meiner Jugend aus intrinsischer Motivation erlernte: Die Verbindung zur geistigen Welt und die Haltung eines Stoikers und Liebenden!
Nach zahlreichen Lernzyklen, gereifter Menschenkenntnis sowie dem Hören und Vertrauen der inneren Stimme und daraus folgenden klaren Entscheidungen, lief es dann für alle Beteiligten vortrefflich.


Der mystische Moment
Und dann manifestierte ich eine Art Drama, wohl unbewusst, sicherlich unbewusst. Dieses Drama führte mich zu einem Impuls. An dieser Stelle möchte ich den Impuls noch nicht benennen. Er hatte mit Liebe zu tun, mit echter Liebe und führte mich abermals – ähnlich wie schon in der Jugend – nur dieses Mal mit jeder Zelle meines Körpers, mit der Wucht meines ganzen Geistes gezielt und ohne Umwege in die Frage direkt hinein: „Wer bist Du wirklich?“. Gottverdammter Mensch. Was machst Du hier? Was soll dieses sinnlose Spiel. Ich spüre es doch, ich spüre es doch schon seit Jahrzehnten. Sag mir endlich, wer ich bin? Warum bin ich hier? Was ist der ganze verdammte Sinn? Stundelang marschierte ich des Nachts im Dunkeln allein, kaum gegessen. Im Krieg ist man wach. Im Krieg muss man wach sein. So sagte ich es mir. Ich war im Krieg mit mir. Ich wollte nach Hause, da wo meine Sehnsucht schon immer hinwollte. Ich kannte nur nicht den Weg oder ich traute mich nicht, den Weg zu gehen. Doch in dieser Nacht war ich bereit, durch den Impuls, durch den unerbittlichen Drang, den Weg meines Herzens zu finden… Und dann geschah etwas, welches mir unmöglich ist, in Worte zu fassen. Mein Verstand muss kollabiert sein, still geworden sein, ganz still. Und ein unsagbares Gefühl der Liebe durchflutete mich. Die Liebe war in allem, bedingungslos, frei und mit einer Strahlkraft, die ich nie mit dieser ungeheuren Intensität gespürt habe. Ich lief in diesem neuen Zustand umher, mit einer wohlfüllenden glückstrahlenden Leichtigkeit. Erst nach 45 Stunden sollte ich wieder schlafen. Und die nächsten Wochen benötigte ich kaum Schlaf, kaum Essen, ich erwachte in Glückseligkeit und erinnerte mich, dass ich früher nie gerne aufstehen wollte.
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ Hermann Hesse
Und so bin ich jetzt hier. Mit einer Portion neuer Unsicherheit, mit alten widerborstigen Gewohnheiten, neu aufzubauenden Strukturen. Wie ein Teenager, der das Leben neu erkundet. Doch im Inneren brennt jetzt dieses Licht – auch wenn seine Leuchtkraft mehr aus der Erinnerung spürbar ist.
In Dankbarkeit für diese Erfahrung, in Dankbarkeit für mein Leben, in Dankbarkeit für meine Lieben und für jedes Lächeln aus dem Herzen eines Menschen. Auch für Deines.

Das Leben ist nicht planbar…
Verzeihen Sie mir meinen Ritt mit der Indian vor den Haupteingang der Münchener Kunstakademie. Beinahe wäre ich hier vor Jahrzehnten Student geworden. Heute weiß ich, dass in jeder Tätigkeit eine schöpferische Kraft innewohnt – die man „Kunst“ nennen darf.
